20. Januar 2012

Yet each man kills the thing he loves

Kino | »J. Edgar« von Clint Eastwood (2011)

Der beste Freund eines Mannes, wußte Norman Bates, ist seine Mutter, der zweitbeste, hätte J. Edgar Hoover ergänzen können, ist sein Stellvertreter. Clint Eastwood unternimmt den Versuch, das Bild eines der einflußreichsten Amerikaner (und fanatischsten Antikommunisten) des 20. Jahrhunderts (mürrisch-reizbar verkörpert von Leonardo DiCaprio) aus der emotionalen Spannung zwischen der fordernden Liebe seiner resoluten Mama (Dame Judi Dench) und der abgewürgten Liebe zu seinem wichtigsten Mitarbeiter Clyde Tolson (Armie Hammer als lebendes GQ-Cover) zu entwickeln: Fast 50 Jahre lang (bis zu seinem Tod 1972) war J. Edgar Hoover Chef des FBI, dessen Arbeitsmethoden er wissenschaftlich revolutionierte und dessen mediales G-Man-Image er erfand; Eastwood greift einige seiner Karriere-Highlights heraus (Palmer-Raids, Entführung des Lindbergh-Babys, Kampf gegen die Mobster) und läßt sie vom bejahrten, geltungssüchtig-verklemmten Hoover selbst in Form eines (selbstfiktionalisierenden) Berichts zu Protokoll gegen – wobei sich eine gewisse erzählerische Behäbigkeit einschleicht, die bisweilen an besseres Bildungsfernsehen erinnert. Von Tom Stern kunstvoll-schattenreich fotografiert, leidet »J. Edgar« in erster Linie unter der maskenhaften Altersdarstellung von DiCaprio und Hammer (der gegen Ende seines Filmlebens aussieht wie ein Brandopfer): Das Gezitter und Getatter der Möchtegerngreise verwandelt das Melodram der Macht in eine traurig-bizarre »Odd Couple«-Vorstellung.

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