27. Juni 2016

Eines Vaters Sohn

Götz George 1938 / 2016

Sieben Lieblingsrollen:

• als todgeweihter Deserteur Robert Mertens in Wolfgang Staudtes »Kirmes« (1960)

• als resistenter Todeskandidat Don Micklem in Alfred Vohrers »Wartezimmer zum Jenseits« (1964)

• als einnehmender Lude Wolfgang Karass in Zbynek Brynychs »Kommissar«-Folge »Tod einer Zeugin« (1970)

• als prahlerischer Werbefuzzi Jörg in Carl Schenkels »Abwärts« (1984)

• als kriminelles Mastermind Probek in Dominik Grafs »Die Katze« (1988)

• als nazibesessener Investigativreporter Hermann Willié (»mit Akzent auf dem E«) in Helmut Dietls »Schtonk!« (1992)

• als mitteilsamer Serienkiller Fritz Haarmann in Romuald Kamarkars »Der Totmacher« (1995)

23. Juni 2016

Standbild (7)

Marienplatz

Innen. S-Bahnhof. Verteilergeschoß. Nacht. Wände und Säulen der unterirdischen Halle sind ultramarinblau gefliest. Breite Lichtbänder stülpen sich aus der Betondecke, so daß der Eindruck eines weitgespannten Kappengewölbes entsteht. Die offen liegenden Neonröhren spiegeln sich in der hochglänzenden keramischen Wandverkleidung und sorgen für eine schattenlos kühle Beleuchtung des Raums. Im Hintergrund reihen sich vier signalblaue Fahrkartenautomaten, sechs Schaukästen mit Netz-, Zonen- und Fahrplänen des öffentlichen Nahverkehrs der Stadt sowie ein Großplakat für Zigaretten der Marke Lord Extra. Die farbenfrohe Illustration zeigt, neben einer übergroßen Packung der beworbenen Tabakware, drei gutgelaunte Personen, eine Frau und zwei Männer, rauchend auf einem Segelschiff. Über ihnen prangt auf wolkenlosem Himmel der Slogan: Genuß im Stil der neuen Zeit. Schräg links vor dem Plakat, unmittelbar neben einer der massiven runden Säulen, liegt auf dem hellgrauen Steinfliesenboden der Verteilerebene der ausgestreckte Körper eines jungen Mannes. Er trägt schwarze Schuhe, eine taubenblaue Hose, ein dunkelblaues T-Shirt und eine ausgewaschene Jeansjacke, auf deren Rücken achtundfünfzig polierte Silbernieten das Wort FOX in klaren Großbuchstaben formen. Ein wenig entfernt liegt ein leeres braunes Arzneimittelfläschchen, das laut Etikett Valium-5-Tabletten des Pharmaunternehmens Roche enthielt. Der Mann, der in Seitenlage zu schlafen scheint, hat eine Überdosis des Medikaments eingenommen, nachdem er von seinem Lebensgefährten um einen Lottogewinn in Höhe von einer halben Million D-Mark geprellt und anschließend verlassen worden war. In wenigen Augenblicken, kurz bevor zwei etwa zwölfjährige Jungen den Toten seiner letzten Habseligkeiten berauben, werden zwei zufällig vorbeikommende Bekannte des jungen Mannes, ein Antiquitätenhändler und ein Schausteller, den leblosen Körper entdecken, ihn jedoch an Ort und Stelle liegen lassen und sich fluchtartig entfernen, um nicht in mögliche Ermittlungen der Polizei verwickelt zu werden.

21. Juni 2016

Standbild (6)

Wohngemeinschaft

Innen. Zimmer. Tag. Der karge Raum wird von einer unsichtbaren Lichtquelle gleichmäßig hell beleuchtet. Mit Ausnahme eines türkisfarbenen Streifens unterhalb der Decke sind die verputzten Wände weiß getüncht. Rechts verdeckt ein bodenlanger kobaltblauer Vorhang das Fenster. Links, neben der geschlossenen weißen Tür, stehen zwei junge Frauen. Die eine hat glattes, schulterlanges hellblondes Haar. Sie trägt knapp sitzende Bluejeans und einen waagerecht gerippten cremefarbenen Kurzarmpullover, der in Taillenhöhe von einem dünnen Gürtel gerafft wird. Die andere ist rotblond. Ein violettes Band faßt ihr dichtes Haar zu einem lockeren Zopf zusammen. Sie ist bekleidet mit rosafarbenen Shorts und einer kragenlosen schwarzen Bluse, deren spitzen Ausschnitt eine große runde Silberbrosche abschließt. Die beiden Frauen betrachten mit ausdruckslosen Mienen einen korpulenten Mann mittleren Alters in engem weißen Hemd, schmaler nachtblauer Krawatte und dunkler Hose, der mit einer roten Schnur an einen thronartigen Holzstuhl gefesselt ist. Ein straff zwischen seine Zähne gezogenes weißes Tuch hindert ihn am Schreien, seine Arme sind hinter die hohe Rückenlehne des Stuhls gebunden. Der Mann schwitzt stark. Einige Strähnen seiner grauen Haare kleben an der Stirn. Er blickt flehend zu einer weiteren jungen Frau, die eine schallgedämpfte Pistole an seine Schläfe drückt. Üppiges dunkelbraunes Haar verdeckt ihr Gesicht und fällt in sanften Wellen auf ihre Schultern. Die Bewaffnete ist ganz in Weiß gekleidet. Die enge Hose läßt die Ritze ihres Pos erkennen, unter der legeren Leinentunika zeichnen sich ihre Brustwarzen ab, um ihren Hals liegt eine Kette aus tropfenförmigen Perlmuttplättchen. Eine vierte junge Frau wendet sich mit gesenktem Kopf von der Szene ab. Sie hat kurzgelockte blonde Haare und trägt ein floral gemustertes Sommerkleid in hellen Farben. Der gefesselte Mann wird sterben. Die jungen Frauen haben die verbindliche Vereinbarung getroffen, ihre Liebhaber nach spätestens fünf Tagen zu töten.