13. März 2012

Let us now praise famous men

TV | »Corman's World« von Alex Stapleton (2011)

Da ist zunächst einmal die imposante Liste derer, die durch die Roger-Corman-Schule gingen: Bartel, Bogdanovich, Coppola, Dante, Demme, De Niro, Fonda (Peter), Hellman, Howard, Hopper, Nicholson, Sayles, Scorsese, Shatner – das halbe ›New Hollywood‹ plus Captain Kirk. Sie alle singen das Lied des Mannes, dessen Brot sie einst aßen, damals, in den frühen Jahren, als sie noch keiner kannte, sie alle rühmen den geschäftigen Regisseur und Produzenten, der sie ausbeutete (und damit förderte), als sie noch niemand waren; der dreifache Oscar-Gewinner Jack Nicholson vergießt anläßlich seiner Erinnerungen an die Mittäterschaft bei obskuren Unternehmungen wie »The Cry Baby Killer« sogar ein paar echte (?) Tränen. Dann sind da – natürlich – die Filme, die unzähligen (in erster Linie billigen, in sieben, fünf, drei Tagen heruntergekurbelten) Streifen, die Corman seit Mitte der 1950er Jahre vom Stapel ließ: unsterbliche Drive-In-Knaller wie »Attack of the Crab Monsters«, »Teenage Cave Man«, »The Wasp Woman«, Werke, die, wie Martin Scorsese meint, aussähen, als wären sie an der nächsten Straßenecke gedreht worden – und die dennoch so etwas seien wie Kunst. Die ostentative künstlerische (und gesellschaftspolitische) Aussage – wie das Rassismus-Drama »The Intruder« – bleibt im Werk des B-Giganten (kommerziell erfolglose) Ausnahme; Corman lernt, seine Intentionen im Subtext konsumierbarer Genre-Ware zu verstecken: in kapriziösen Edgar-Allan-Poe-Adaptionen und sympathetischer Late-60s-Gegenkultur-Exploitation à la »The Wild Angels« oder »The Trip«. In den 1970er Jahren schließlich verlegt sich der effekthascherische Kino-Maniac – im Gespräch und (laut seinen zahllosen bewundernden Mitarbeitern auch am Set) stets ein vollendeter Gentleman – ganz auf Produktion und Verleih: Cormans Firma ›New World Pictures‹ beliefert die US-Autokinos mit ironisch-packenden Low-Budget-Meisterwerken wie »Death Race 2000« (Paul Bartel), »Grand Theft Auto« (Ron Howard) oder »Piranha« (Joe Dante), um gleichzeitig Autorenfilmer wie Fellini und Bergman einem großen Publikum schmackhaft zu machen. Das geht solange gut, bis das von Spielberg und Lucas (keine Corman-Schüler!) initiierte Blockbuster-Kino denselben Quatsch, den Guerilla-Cinéasten für ein Trinkgeld zusammenschusterten, auf Multimillionen-Dollar-Etats aufpumpte und damit dem originären Trash (zumindest auf der Leinwand) ein Ende setzte … »Corman’s World« bietet einen informativen und herzerwärmenden Querschnitt durch das Schaffen eines ebenso liebenswürdigen wie schlau kalkulierenden Profis – und hat sogar ein happy ending in petto: 2009 erhielt Roger Corman, der stets Eigensinnige, der risikofreudige Abenteurer in Sachen Film, von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences den Ehrenoscar für sein Lebenswerk. Er bedankte sich mit dem ermunternden Ausruf: »So I say to you: Keep gambling, keep taking chances.«

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