24. August 2013

Archibald Alexander Leach

Ein Stern

Ich hätte gerne ein Kinngrübchen wie Cary Grant. Ich wäre gerne so akkurat frisiert wie Cary Grant. Ich wollte, in meinem Schrank hingen nur perfekt geschneiderte Cary-Grant-Anzüge, diskret nadelgestreift oder Pfeffer-und-Salz-gemustert oder in edlem Blaugrau changierend oder mitternachtsschwarz, Anzüge, mit denen ich auf jedem Staatsbankett, in jeder Spielbank, bei jeder Entführung, in jeder Hotelbar, vor jedem Schlafzimmer, kurz: in jeder Lebenslage eine gute Figur machen würde. Ich wäre gerne immer so gesund gebräunt und ausgeschlafen, so charmant und ironisch, so weltgewandt und lässig, so sexy und sophisticated wie Cary Grant. Ich wünsche mir einen Autor, der mir für jede Gelegenheit den passenden Cary-Grant-Satz schreibt: »When I find myself in a position like this, I ask myself what would General Motors do? And then I do the opposite!« oder: »Dry your eyes, baby; it's out of character.« oder: »I may go back to hating you. It was more fun.« oder schlicht und einfach: »Hello friends and enemies.« Ich gäbe mein Leben dafür, in einem Cary-Grant-Film zu leben und diese schwerelose Cary-Grant-Mischung aus Screwball und Seriosität zu verkörpern, diesen unvergleichlichen Gentleman-Cocktail aus Chefredakteur und Hoteldieb, Geheimagent und Werbefachmann, Diplomat und Fliegerass, Glücksritter und Gehirnchirurg. In meinem Cary-Grant-Traum stelle mir vor, die tollsten Frauen für mich zu gewinnen, nicht irgendwelche austauschbaren Modepüppchen, sondern einmalige Erscheinungen, starke Charaktere, unsterbliche Legenden wie Katharine Hepburn, Ingrid Bergman, Grace Kelly, Sophia Loren, Audrey Hepburn. Im richtigen Leben würde ich wie Cary Grant gerne fünfmal heiraten, unter anderem das ärmste reichste Mädchen der Welt, das in seinem Märchenpalast in Marokko Feste wie aus Tausendundeiner Nacht feiert. Und außerdem würde ich wie Cary Grant mit meinem Freund, einem knackigen Westernstar, in einem schönen Haus mit Kaminzimmer, Swimmingpool und Boxring wohnen, und ich würde mich mit ihm beim Frühstück für die Klatschpresse fotografieren lassen, und wir würden lachen. Hätte ich keine Lust mehr zu arbeiten, hörte ich wie Cary Grant einfach damit auf. Mein volles Haar würde strahlend weiß werden, ich ginge auf Reisen, ich trüge eine dicke Hornbrille, ich würde später Vater einer süßen Tochter werden, ich bekäme einen Ehrenpreis dafür, daß ich Cary Grant war und bin und immer sein werde, und eines Tages, jenseits der achtzig, würde ich sterben, ganz plötzlich. Aber ich wäre nicht tot, ich würde, so lange die Erde sich dreht, Jerry Warriner, Johnny Case, Henri Rochard, John Robie, Roger O. Thornhill bleiben, würde bis zum Ende aller Tage die schreckliche Wahrheit sagen, die Schwester der Braut küssen, eine männliche Kriegsbraut sein, über die Dächer von Nizza klettern, den unsichtbaren Dritten jagen. Ich hätte gerne ein Kinngrübchen wie Cary Grant.

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