7. Januar 2013

Jack the Reacher

Kino | »Jack Reacher« von Christopher McQuarrie (2012)

»Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat.« Ob DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley, die mit diesem Satz ihre Enttäuschung über die juristische Praxis der freiheitlichen Demokratie zum Ausdruck brachte, die Methoden von Jack Reacher (»The law has limits. He does not.«) gebilligt hätte, darf bezweifelt werden – dennoch stößt ihr Lamento in dieselbe gefühlte Lücke zwischen »Recht« und »gerecht« wie die Handlungen des von Tom Cruise dargestellten »anständigen« Vigilanten. Schade, daß »Jack Reacher« sein eigentliches Thema nicht thematisiert: Christopher McQuarrie inszeniert einen erstaunlich altmodischen, recht spannenden Whydunit um einen ehemaligen army sniper und (s)einen (tatsächlichen? vermeintlichen?) Amoklauf, ein solides Krimidrama, das sich zwischen den gelegentlichen Actionausbrüchen viel Zeit nimmt für Recherche und die Entwicklung von Atmosphäre (Kamera: Caleb Deschanel), doch die uralte Zweifelsfrage, wie schlecht die Guten sein dürfen, damit das Schlechte nicht über das Gute triumphiere, interessiert den Regisseur nicht einmal am Rande. »He doesn't care about proof, he doesn't care about the law, he only cares about what's right«, heißt es über den schlagkräftigen, hochintelligenten Anti-Helden – der Film illustriert diese bedenkliche Position, stellt sie aber nicht zur Diskussion. Über einen Umweg ist allerdings zu erfahren, welcher Art die Geschöpfe sind, die von Regellosigkeit und Willkürherrschaft geformt werden: Der von Werner Herzog mit surrealer Dämonie gespielte Meta-Schurke ›the Zec‹ (≈ der Häftling), ein Überlebender des sowjetischen Archipel GULag, hat nicht nur mit jeder gesetzlichen Ordnung gebrochen, er hat den Raum des menschlichen Seins verlassen. Jack Reacher ist ein Spiegelbild dieser Alptraumfigur.

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