DVD | »Auge in Auge – Eine deutsche Filmgeschichte« von Michael Althen und Hans Helmut Prinzler (2008)
Ein ehrenwertes und recht unterhaltsames Unternehmen, das zwar immer wieder seine Subjektivität betont, im Grunde aber über weite Strecken genau das wiederholt, was sowieso Konsens der »seriösen« Geschichtsschreibung ist: Der gute deutsche Film besteht aus den Werken des Weimarer Kinos und denen des Neuen Deutschen (Autoren-)Films. Dazwischen gab es eine einsame Sternstunde (»Unter den Brücken«), der Rest eignet sich als Material für die Montage eleganter Themenclips über Männeraugen und Frauenblicke, über Fernweh und Nahwelt, über Rauchen und Telefonieren. Das Kino des Nationalsozialismus, der Staatsfilm der DDR werden kurzerhand in eigene Kapitel gesperrt wie Freaks ins Kuriositätenkabinett, und zehn sogenannte »Paten« widmen sich zehn herausragenden Filmkünstlern: Tykwer, Kohlhaase, Wenders, Petzold, Zischler, Dörrie, Ballhaus, Dresen, Link loben Murnau, Siodmak, Lang, Käutner, Kluge, Wenders, Fassbinder, Wolf, Reitz – alles gut und schön (und in den meisten Fällen mit einiger Leidenschaft vorgetragen), aber wenn das nicht Verfestigung des Kanon ist, was ist es dann? Der einzige, der sich von der Truppe entfernt, ist der stets unberechenbare Dominik Graf mit seiner wunderbaren Eloge auf den anarchisch-authentischen Klaus Lemke, der erfreulicherweise überhaupt nicht in die Reihe der hier zum wiederholten Male gewürdigten anerkannten Größen paßt. Ansonsten bestätigt Althens und Prinzlers konsequenter Verzicht auf die Beschäftigung mit den eskapistischen oder bizarren Momenten der hiesigen Filmgeschichte das immer noch vorherrschende Grundgefühl von der Schwere des heimatlichen Kinos, an das man als Deutscher eher unfreiwillig gekettet ist, so wie ein feingeistiger, aber unbemittelter junger Mann an die spendable, aber peinliche Erbtante. PS: Wie wäre es mit einer weiteren deutschen Filmgeschichte, in der, aus berufenem Mund, zu
hören wäre über Ernst Lubitschs »Madame Dubarry«, Erik Charells »Der Kongreß
tanzt«, Curt Goetz’ »Napoleon ist an allem schuld«, Veit Harlans »Hanna Amon«,
Georg Tresslers »Endstation Liebe«, Alfred Vohrers »Wartezimmer zum Jenseits«, Joachim
Haslers »Heißer Sommer«, Roland Klicks »Lieb Vaterland, magst ruhig sein«, Dominik Grafs »Die Katze«,
Helmut Dietls »Rossini«? Man wird ja wohl noch mal träumen dürfen …
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