Kino | »Mr. Holmes« von Bill Condon (2015)
Nach dem Ersten Weltkrieg gibt Sherlock Holmes seinen Beruf sowie die angestammte Wohnung in der Londoner Baker Street auf, um aufs Land zu übersiedeln und sich fürderhin der Bienenzucht zu widmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, nun schon jenseits der 90, fragt sich der ehemalige Meisterdetektiv (Ian McKellen), warum er eigentlich Jahre zuvor das alte Leben hinter sich gelassen hat. Im zähen Kampf mit seiner nachlassenden Erinnerungskraft sucht der Greis, sich den letzten Fall seiner Karriere zu vergegenwärtigen, einen Fall, dessen retrospektive Lösung generellen Aufschluß über eine widersprüchliche Existenz in weltumspannendem Ruhm und totaler Einsamkeit zu geben verspricht. Bill Condon überführt die legendäre literarische Kunstfigur in eine Merchant/Ivory-hafte filmische Pseudowirklichkeit, in der (erzählerisch einigermaßen umständlich, aber handwerklich ungemein gediegen) klargelegt wird, daß ein überragender Intellekt so wenig glücklich macht wie ein großes geldliches Vermögen, daß auch im kontrolliertesten Kopfmenschen die Sehnsucht nach wärmender Mitmenschlichkeit schlummert, daß eine gütige Fiktion den ehrlichen Fakten mitunter vorzuziehen ist.
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