Kino | »Anna Karenina« von Joe Wright (2011)
Ironisch-artifizielle Distanz à la Ophüls und Resnais trifft auf üppig-oberflächlichen Kinoschwulst der ganz alten Schule. Für seine »Anna Karenina«-Adaption macht Joe Wright die Leinwand zum Bühnenraum, verschiebt behende Kulissen, läßt unzählige Roben rauschen, wechselt sekundenschnell zwischen Verzauberung und Desillusionierung, zwischen naivem Trickeffekt und spätfeudaler Pracht, zwischen Studiokünstlichkeit und weiter Landschaft. Allein die Schauwerte veranschaulichen nichts, die Verfremdung bleibt ohne jeden analytischen Mehrwert, die Sprünge von drinnen nach draußen, die das hohle Adelstheater samt Karenina und Wronskij von der Vision des »guten Fürsten« Kostja und seiner reinen Liebe abgrenzen, sind so ostentativ wie platt – der epochale Konflikt zwischen persönlichem Glücksanspruch und gesellschaftlicher Konvention verpufft in vordergründigen Choreographien, individuelles (Melo-)Drama und soziales Panorama versinken im Strudel des visuell »Interessanten«. Daß Keira Knightley die tragische Titelfigur als strapaziös-affektierte Mischung aus nasekräuselnder Societyzicke und hypernervöser Paradestute anlegt, läßt diesen augenwischerischen Jahrmarkt der kinematographischen Eitelkeit vollends ungenießbar werden.
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